Soweit nicht anders gekennzeichnet, beziehen sich alle Ausführungen hier auf Buchveröffentlichungen oder direkte Belehrungen von Tenzin Wangyal Rinpoche.
Detaillierte Quellenangeben folgen.
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Es gibt einen subtilen inneren Wind, der das Denken hervorruft. Auch in der Meditation sind törichte, dumme, komische, sinnlose oder bedeutsame Gedanken unterwegs, stören aber unser Gewahrsein nicht. Richten Sie in diesen Augenblicken die Aufmerksamkeit auf das Beobachten des Beobachters. Hier gibt es etwas, das sich mit dem Mittel des Ausatmens nicht leicht auflösen lässt. Das Auflösen auf tieferer Ebene wird durch das Beobachten des Beobachters verursacht. Sie müssen Ihre Identifikation mit diesem intelligenten, cleveren Wesen aufgeben.
Was den Beobachter produziert, ist ein subtiler Wind. Gemäß der Dzogchen-Lehren wird als erstes das Objekt aufgelöst, dann soll man den Beobachter beobachten, um uns mit dem essenziellen Raum des offenen Gewahrseins zu verbinden. Fehlt diese Auflösung der Formen, welche Produkte der Dualität sind, ist das jenes Hindernis, dass der direkten Verbindung mit dem essenziellen Raum im Wege steht. Wenn man diese Hindernisse auflöst, kommt man in die Erfahrung des Lung des selbst entstehenden, inhärenten Gewahrseins. So erfolgt am Ende der Neun Atemzüge die Anleitung, in der Offenheit und unbewegten Ruhe und Stille zu verweilen.
Indem wir uns mit der Struktur der Emotionen und nicht mit konkreten Problemen und Geschichten negative Emotionen verbinden, ist unser Verhältnis zu den aufsteigenden Gedanken und Emotionen ein anderes. Das wird unter Veränderung verstanden, eine andere Beziehung zu Gedanken und Gefühlen. Solange die groben Geistesplagen aktiviert sind, stehen wir unter dem Einfluss starker negative Emotionen wie Wut und Zorn oder Anhaftung, die den Standort des Beobachtens bestimmen, was nicht zu guten Entscheidungen führt. Das gleiche gilt für den Wind der Wirkkraft des Karma. Im Offenen Gewahrsein dagegen erwächst positive Qualität. In diesem offenen Raum findet sich kein „Zeug“, wozu auch Gedanken und Emotionen gehören.
Die ungezähmten Pferde der Geistesplagen und der Karma-Wirkkraft müssen entlassen werden. Statt das Resultat zu erzwingen, können wir den Pfad frei zu räumen und die Blockaden auflösen.
Es ist wichtig, dass Sie die Wut oder den Zorn direkt erkennen. Sie haben ganz wunderbare Gründe um ihren Zorn zu rechtfertigen, nicht wahr? Wenn Sie sich die Frage stellen „ist dieser Zorn wirklich nötig?“ Sagen sie: „nun, unter dem Gesichtspunkt der Praxis ist der Zorn vielleicht nicht nötig. Das sind alles Illusionen. Ich muss mich nicht darauf einlassen.“ Warum werden sie weiterhin wütend und zornig? Weil ein starker innerer Wind vorhanden ist. Sie haben nicht die Macht oder Kraft ihn zu stoppen, ihm Einhalt zu gebieten. „Der Wind der Wirkkraft des Karma weht“. Sie sagen: „ich weiß nicht wie ich dahin gekommen bin“. Ganz eindeutig wirken hier von ihrem Willen getrennte Winde, die sie in eine Richtung schieben, die sie gar nicht einschlagen wollten. Ihr Vorhandensein wird in den Bön-Lehren anerkannt. Es ist etwas, worüber sie keine Macht haben. Sie versuchen, sich dieser Kraft bewusst zu sein, diesen Wind mithilfe der Übung der Neun Atemzüge zu bereinigen. Die Wirkkraft des Karma ist im Grunde ein Energiewind. Die Methode, die wir anwenden, ist immer dieselbe: Sie liegt in den Neun Atemzügen der Reinigung. Erzeugen Sie eine positive Intention: „möge ich diese Winde durch die Neun Atemzüge bereinigen.“ Es geht darum, dass sie diese Kraft, die Macht dieser Kraft, die sie in diese Richtung treibt, fühlen können. „Ich fühlte mich geradezu in diese Richtung gedrängt.“ Seien Sie dessen was sie eben geäußert haben, offen gewahr. Es besteht die Chance, dass sie sich mit diesem karmischen Wind verbinden. Wenn sie aber damit beschäftigt sind zu denken, werden sie sich nicht mit ihm verbinden. Werden sie seiner gewahr und wählen es aus. Auswählen bedeutet, urteilslos gewahr zu sein und dies im Körper und Atemfluss zu spüren. Die Tibeter sagen oft: „Ach es ist mein Karma.“ Karmische Kräfte übersteigen unseren Willen oder unsere Absicht. Wenn der karmische Wind bläst, können wir also nicht wirklich das Geschehen ändern, aber wir können etwas an den Ursachen ändern, sodass es das nächste Mal nicht wieder passiert. Wenn sie nicht willens und bereit sind, die Existenz des Karma zu verstehen, werden sie ihr Karma nicht befreien und sehr wahrscheinlich weiter so agieren, dass sich ihr Karma fortsetzt. Das heißt im Grunde, die Möglichkeit von Transformation anzuerkennen.
Er bezieht sich auf die 5 negativen Emotionen von Zorn, Gier, Unwissenheit, Eifersucht und Stolz, bekannt als die 5 Gifte. Drei von ihnen, die 3 Wurzelgifte – Zorn, Anhaftung und Unwissenheit – kennen wir bereits. Die Wurzelursache jeder Erfahrung von Leiden lässt sich in einem dieser Gifte finden. Welche Art von Energie bewirkt Ihren Ärger oder Zorn? Bei vielen Übungspraktiken die ich in den letzten Jahren gelehrt habe, forderte ich meine Schüler auf, sich eine schwierige Situation anzuschauen, sich mit der dabei entstehenden Emotion zu verbinden und die Präsenz dieser Emotion in Körper, Atem und Geist zu entdecken, um die energetische Struktur unseres Unbehagens und Leidens zu verstehen, statt dem Handlungsfaden unserer konzeptuellen Geschichte zu folgen. Rechtfertigen und rationalisieren untermauern Wut und Zorn nur noch. Im Kern geht es darum, dass wir uns auf die eigentliche Energie der Emotion konzentrieren statt auf die Handlung der Geschichte: „konzentriere dich auf die Energie“, gleichbedeutend mit „verbinde dich mit dem inneren Wind“. Das ist mit dem Einfangen des Pferdes (der Energie) gemeint, um es dann entlang dem Pfad (den Körperkanälen) in eine positive Richtung hin zur Befreiung (Offenheit) zu lenken. Es wird der Vorschlag gemacht, als erstes zu schauen, wo das Pferd in Erscheinung tritt. Sehen Sie sich die Situation an, die Stelle, die Person. Am leichtesten ist es, wenn sie ihre Wut oder ihren Zorn in dem Augenblick erkennen und sich eingestehen indem sie sie verspüren. Sie können aber auch mit einer Erinnerung arbeiten. Sie fühlen, wie diese Emotionen ihren Atem beeinflussen und verbinden sich mit dem speziellen Energiewind, den man den Lung der Groben Geistesplagen nennt. Der Kernpunkt ist, dass Sie die Wut nicht analysieren oder beurteilen, sondern den Wind fühlen der diese Wut unterstützt, beeinflusst und sie aufkommen lässt. Das Pferd, also der innere Wind, lässt sich leichter einfangen als der Reiter, d. h. der Geist. Der Reiter lässt sich am leichtesten über das Lenken des Pferdes lenken.
Gewöhnlich werden in der westlichen Tradition Veränderungen, persönliche und spirituelle Entwicklung auf dem Weg des konzeptbildenden Geistes und des Intellekts angestrebt.
Nach Bön und anderen östlichen Übertragungen wird der Geist als Ergebnis der inneren Windenergie (tibetisch: Lung), auch prana, qi, chi wahrgenommen und erlebt. Diese ist dem konzeptbildenden Geist nicht zugänglich, wohl aber dem direkten Gewahrsein durch direkte Verbindung mit Körper, Rede und Geist.
Probleme zu beheben und alte Muster und Gewohnheiten zu ändern, ist mit analytischem und konzeptuellen Mitteln schwierig und führt zur Vergrößerung des Problems, zu Identifikation mit den dazu gehörigen Geschichten, zur projektiven Verlagerung der Ursache ins Äußere und einer beständigeren Blockade, obwohl sie lediglich Ergebnisse vorübergehender Ursachen und Bedingungen sind. Dieser Mechanismus wird im Bön als karmisch bedingter konzeptueller Schmerzkörper (Schmerzidentität) bezeichnet.
Der Geist und der karmisch bedingte konzeptuelle Schmerzkörper werden vom Lung getrieben, der die Gedankengänge und Geschichten antreibt. Über „einfangen“ der Lung kann der Geist gelenkt werden, Gewohnheitsmuster des konzeptbildenden Geistes aufgelöst werden und Transformation erreicht werden.
Dabei beschäftigen wir uns nicht mit den Inhalten der Gedanken und Geschichten, sondern der zugrunde liegenden energetischen Struktur.
Der Bön kennt neun Lung als Energiewind-Muster, die im Individuum und kollektiv wirksam sein können.
Unwissenheit gilt als das dritte Wurzelgift. Dem gemäß ist es eine der Hauptursachen für Leiden.
Gemeint ist der Mangel an Selbsterkenntnis, an Erfahrung unserer wahren Natur, des offenen Gewahrseins von Raum und Licht. Aus diesem erwachsen die positiven Qualitäten Liebe, Mitgefühl, Freude und Gleichmut.
Gedanken, Gefühle und Empfindungen trüben dieses offene Gewahrsein, für zu Trennung vom offenen Gewahrsein und erzeugen Unsicherheit und Zweifel. Wir suchen die innere Erfahrung durch äußere Erfahrungen zu ersetzen und uns durch äußere Bedingungen zu stabilisieren. Wir realisieren nicht die Wandelbarkeit und Vergänglichkeit aller äußeren Bedingungen und ständiges Scheitern ist vorprogrammiert.
Diese Trennung von unserem wahren Selbst manifestiert sich im Alltag am häufigsten in Form von Zweifeln und mangelndem Selbstvertrauen: Arbeit, Beziehung, etc.
Wir erleben Angst, Unsicherheit, Unentschlossenheit und Zögerlichkeit voranzuschreiten und „Ja“ zu sagen.
Mit der Meditationspraxis der „Neun Atemzüge der Reinigung“ wird eine Methode der Befreiung angeboten, die nicht auf dem konzeptuellen Geist beruht.